
An diesem Sonntag begegnet uns ein Evangelium, das uns wohl allen sehr vertraut ist: Jesus erzählt das Gleichnis vom barmherzigen Vater bzw. vom verlorenen Sohn. Verlorenheit und Barmherzigkeit – auf irgendeine Weise haben alle Protagonisten, die in dieser Geschichte vorkommen, mit der Situation zu kämpfen.
Der jüngere Sohn fühlt sich zuhause unwohl und eingeengt, er möchte etwas von der Welt sehen und verlangt deshalb vom Vater, ihm sein Erbteil auszuzahlen. Doch das erhoffte Glück bringt ihm die große weite Welt dann doch nicht und nach langem Überlegen ringt er sich dazu durch, reumütig nach Hause zurückzukehren.
Den Vater trifft derweil das Los des Wartens und obwohl er seinen älteren Sohn sehr liebt, vermisst er doch seinen Jüngsten und hofft darauf, dass er eines Tages nach Hause zurückkehren wird. Als genau dies schließlich passiert, kann er seinem Sohn nicht böse sein, er muss einfach Mitleid mit ihm haben. Genau dies gelingt dem großen Bruder nicht so einfach. Ihn plagt die Eifersucht, weil er meint, zu kurz zu kommen. Er trotzt und will nicht ins Haus gehen, um mit den anderen die Heimkehr seines Bruders zu feiern. Doch auch über dieses Verhalten ärgert sich der Vater nicht. Er kommt zu ihm hinaus und besänftigt ihn.
In welcher Figur des Gleichnisses finden wir uns am meisten wieder? Im jüngeren Sohn, der das Glück im Materiellen sucht und über dem Drang nach Freiheit das Wohl der anderen vergisst? Oder im älteren Sohn, der dem Bruder sein Glück neidet und nicht ertragen kann, dass er trotz aller Schuld liebevoll behandelt wird? Oder finden wir uns im barmherzigen Vater wieder, der sich um seine Kinder sorgt und sein höchstes Glück darin findet, dass es ihnen gut geht?
Ich denke, wir werden uns wohl immer wieder bei schuldhaftem Verhalten ertappen. Wir werden uns aber genauso auch über gelungenes, liebevolles und barmherziges Verhalten anderen gegenüber freuen können.
Und immer sitzt Jesus mit uns am Tisch, egal, ob wir gerade Sünder oder Gerechte sind.