
Für mich ist Gottesdienst ein Eröffnen eines Begegnungsraumes zwischen Mensch und Gott. Wir treffen uns in Gemeinschaft, um uns dieser Erfahrung zu öffnen, um einen Raum zu schaffen, in dem wir von IHM berührt werden können. Gottesdienst kann also ein Begegnungsort zwischen Mensch und Gott sein. Das Trostvolle dabei ist, dass wir uns sicher sein dürfen, ER ist der erste, der den Schritt auf uns zumacht, uns entgegen kommt. ER als „Ich-bin-da“ erwartet uns. Wir müssen daher nichts leisten, um IHM begegnen zu dürfen. Wenn etwas aus dem Gottesdienst Nachhall findet und in unseren Alltag hineinwirkt, dann sind wir im Gottesdienst von Gott berührt worden.
Was ist Gottesdienst?
Diesen besonderen Begegnungsort dürfen wir gestalten. Im Lauf der Jahrhunderte haben sich die Formen der Gottesdienste immer wieder verändert. Über die Anfänge bei der Urgemeinde, die sich zum gemeinsamen Erinnerungsmahl getroffen hatten, entwickelte sich die klassische Eucharistiefeier zu einer lateinischen Messe, bei der das Volk nur noch zuschaute. Im 2. Vatikanischen Konzil erinnerten sich die Konzilsväter wieder an die Ursprünge des Christentums, die Eucharistiefeier wurde eine Feier der Gemeinde in der jeweiligen Landessprache.
Mit vielen Diensten wie Lektor:innen und Kommunionhelfer:innen wurde der gemeinschaftliche Feiercharakter wieder in den Mittelpunkt gerückt. Es gab aber immer schon eine Vielzahl von anderen Gottesdienstformen, wie z.B. das monastische Stundengebet, verschiedene Andachtsformen wie die Maiandachten oder den Rosenkranz, Gottesdienstformen, die von der Gemeinde geleitet und getragen werden.
Heute leben wir in einer Zeit, in der es schon lange nicht mehr selbstverständlich ist, gemeinsam Gottesdienst zu feiern. Viele haben nur sehr selten Berührungspunkte mit unserem Gottesdienstangebot. Und oft habe ich den Eindruck, dass sie von unserem Angebot wie z.B. einer Eucharistiefeier überfordert sind. Ich denke, dass es für die Zukunft wichtig sein wird, in zwei Richtungen weiterzudenken.
Was stärkt uns?
Jede Gemeinde, die zukunftsfähig bleiben will, sollte sich überlegen, welches Gottesdienstangebot sie persönlich stärkt. Das kann ganz bunt und vielfältig sein – angefangen von der sonntäglichen Eucharistie- oder Wort-Gottes-Feier bis zum wöchentlichen Feiern des Abendlobes. Stärkend werden auch oft Formen empfunden, die einfach gestaltet sind, wie z.B. das gemeinsame Singen von Taizeliedern oder das Stundengebet, das keinerlei Vorbereitungen braucht.
Eine Gemeinde wird in der Zukunft überlebensfähig sein, wenn sie sich trotz größerer Räume selbstständig zum Gottesdienst trifft und Kraft im gemeinsamen Gebet findet.
Die zweite wichtige Frage, die wir uns stellen müssen, ist zudem: Welches Gottesdienstangebot spricht auch neue Menschen an?
Ich denke, dass es gerade in der Zukunft wichtig sein wird, ganz unterschiedliche Zielgruppen mit einem bunten und weit gefächerten niederschwelligen Angebot anzusprechen. Im Bereich der Familiengottesdienste haben viele Gemeinden schon langjährige Erfahrungen dazu gesammelt.
Um auch neue Personenkreise zu erreichen und dies leisten zu können, dürfen wir hierbei auch in größeren Räumen denken und die Kraft der Seelsorgeräume nützen. Viel Neues wurde dabei schon in Bregenz und auch darüber hinaus ausprobiert: die „Atempause“ in Mariahilf, Gottesdienste der anderen Art wie Scheunengottesdienste an Erntedank.
Manche junge Menschen werden vom Dive-in, Naturverbundene bei Pilgerwanderungen oder Gipfelmessen, Tierliebhaber:innen bei Tiersegnungen rund um den Tag des Heiligen Franziskus erreicht. Gottesdienste auszuprobieren und neue Angebote zu schaffen, ist eine wunderbare Spielwiese, die uns selbst viel Freude und Kraft geben kann.
Lassen wir uns von Gott berühren, eröffnen wir gemeinsam immer wieder neue Räume, um Gott in Gemeinschaft erfahren zu dürfen.
Mag. Stefanie Krüger, Theologin und Liturgiereferentin der Diözese